Havanna – Morbide Schöhnheit

Havanna, so sagte mir jeder, sei eine morbide Schönheit. Sehr schick, aber langsam am Sterben. Und dieses langsame dahinraffen ist sichtbar. Sehr sogar.

Hier steht nur noch die Fassade. Kleine Baracken bieten neuen Wohnraum wo einst das Innenleben des kolonialen Hauses war.

Ein Tipp an zukünftige Reisende sei in Havanna zu starten, wie es eigentlich die meisten machen. Danach kann man sich von der Hauptstadt dann durch die einzelnen kleineren Städte in der kubanischen Landschaft arbeiten. Ich hob es mir zum Schluss auf und immer noch unter dem Einfluss der schönen Landschaften und kleinen Städtchen, sagte mir die Stadt nun gar nicht zu.

Das obere Stockwerk ist nicht mehr bewohnbar. Im Erdgeschoss wohnen dennoch Leute. Keine Seltenheit.
Hier fehlt nur ein Teil der Stockwerke. Bessere Sicht für die Bewohner die bleiben

Es ist laut, es stinkt und alles fällt auseinander. In offensichtlichen Hausruinen wohnen noch immer Menschen und auf der Straße liegt alles mögliche Tote herum (Hühner, Schweineköpfe, Straßenhunde und Katzen). Sicherlich Dinge an die man sich schnell gewöhnen kann, doch war ich nach meiner Ankunft noch immer im Landschaftsmodus. Trotz der Zusagen meiner neuen Bekannten, dass es einfach nur etwas Zeit brauchen würde, wurde ich einfach nicht warm mit der Stadt. Auch wenn es natürlich sehr schöne Ecken gibt.

Eine Reihe schöner Häuser am Fusse der Universität
Einer der vielen Oldtimer fährt vor Großstadtkulisse. Im Hintergrund das Capitolio

La Fabrica de Arte Cubano

Direkt nach Ankunft nahm ich Kontakt mit Wyatt und Catrina (Siehe Tope de Collantes) auf, um zu schauen was sie an ihrem letzten Abend machen wollen. So landeten wir in der Fabrica de Arte Cubano, einer Kunsthalle, die gleichzeitig Disko, Live-Musik und Lounge ist.

Ein Ausstellungsstück in der Fabrica de Arte Cubano

Es war ein sehr toller Abend, an der wir uns viel Kunst angeschaut haben um direkt danach in einen Techno Saal zu laufen und von dort weiter in eine Rockhalle gestolpert sind, um dann hinter der Raucherecke noch mehr Bilder und Ausstellungen zu entdecken. Wyatt belatschte mich einen ganzen Abend lang eine seiner Zigarren zu rauchen. Ich bleibe standhaft. Zumindest die ersten paar Stunden. Nach allen möglichen Versprechungen, dass Zigarren schon nicht so schlimm seien und diese im besonderen eh kaum Nikotin hätten, rauche ich doch eine mit.

Eine Zigarre auf Kuba müsste ja irgendwie dann doch sein

Es ist tatsächlich kaum Nikotin in der Zigarre, und da der Geschmack des Rauches im Mund schon irgendwie widerlich ist, reichen mir ein paar Züge. Auch die Tage danach habe ich keine Gelüste nach mehr.

Am nächsten Tag reisen die beiden wieder nach London ab. Wyatt erzählte mir, dass er im Ministerium für Brexit arbeitete. Diesen Arbeitsplatz gibt es heute, einen Tag danach, nicht mehr. Was nun kommt lässt er mal auf sich zukommen. Irgendwas neues wird es schon geben sagt er und lacht etwas gequält.

Hier sind die beiden in einem der alten amerikanischen Autos.

Eine Tour im Touribus

Ich hingegen begebe mich zum ersten Mal auf eine Tour im Big Red Bus und tingel recht gelangweilt die Sehenswürdigkeiten von Havanna ab. Einen guten Eindruck hat diese Art des Tourismus nicht bei mir hinterlassen.

Der Platz der Revolution
Ein Oldtimer fährt Touristen entlang der berühmten Promenade. Wegen des stürmischen Wetters schlagen die Wellen besonders hoch und weit über die Straße.
Die berühmte Promeda gibt ihr bestes die Wellen hochspritzen zu lassen.

Centro Habana

Danach spaziere ich etwas durch das Viertel in dem sich mein Hostel befindet. Hier handelt es sich um ein Stadtviertel, das mit allen Widrigkeiten des kubanischen Lebens zu kämpfen hat. Hier sind auch die meisten der Bilder am Anfang des Posts entstanden. Es ist ein krasser Gegensatz zum schönen Old Havana, in dem die meisten Gebäude vom Staat mitfinanziert werden, da sie der touristische Kern der Stadt sind.

Ein Gemüseverkäufer zieht mit seinem Karren durch Centro Habana
Andere Lebensmittel gibt es auf einem der kleinen Märkte, die dort stehen, wo einst prächtige Häuser standen.
Sonst gibt es eher Straßenhunde auf Kuba. Havanna aber ist fest in der Hand der Katzen. Hier wird am Mittag im Schatten gegenüber des Marktes entspannt.
Ein typischer Hauseingang
Ein schönes Gebäude, gebaut am Anfang des letzten Jahrhunderts. Die Ladenzeile allerdings ist leer.

Marcos

Am Abend möchte ich die Free Walking Tour nehmen. Allerdings warte ich am falschen Ort und sitze blöd vor mich hin, während die Sonne mich verbrennt. Als ich gerade gehen möchte, taucht ein Gesicht auf, dass ich auf der Kaffeefahrt bereits gesehen habe. Vorsichtig erkundige ich mich, ob mein Gegenüber auch Englisch spricht. Tut er. Marcos kommt aus Argentinien und interessiert sich für die Lebensgeschichte von Ché Guevara. Deshalb ist er nach Kuba gekommen um sich das Land und auch die Stationen des Ché zu erkunden. Wir kommen ins Gespräch und ich bekomme eine etwa 4 stündige private Tour durch Havanna, angereichert mit allerlei Tipps welche Attraktionen spannend sind und welche ich lieber auslassen sollte. Havanna wird etwas interessanter.

Von hier aus sind es nur wenige Km nach Miami. Es ist ein Ort der Sehnsucht erzählt mir Marcos. Cubanos kommen her um von einem Leben in den USA, oder dort lebenden Angehörigen zu träumen. Links die Promenade von Havanna, mit den neuen Hotels.
Das Fort von Havanna – Castillo De Los Tres Reyes Del Morro
Eine Statue am Ende der Prunkstraße.
Ein Kraftwerk pustet Rauch in den Himmel. Die goldene Kuppel des Capitolio wurde von Putin gespendet. Direkt hinter dem Regierungssitz fallen Häuser in sich zusammen.

Zum Sonnenuntergang gehen wir auf das Dach des Gran Hotel Manzana Kempinski. Dem teuersten Hotel auf Kuba, dessen Dachterrasse eine unglaubliche Aussicht bietet. Havanna gewinnt an Charme.

Das Capitolio vom Dach des Gran Hotel Manzana. Rechts davon das Hotel Inglaterra

Wir gehen noch nett was essen in einem der seltenen vegetarischen/veganen Restaurants Kubas. Bei fritierten Bananen, Mojito und Bier beenden wir den Abend und verabreden uns für den nächsten Tag.

Das Capitolio bei Nacht

Das Museum der Revolution, war einer der Tipps, die mir Marcos am Vortag gegeben hat. Also schaue ich es mir gleich am Morgen an. Nach 2 Stunden weiß ich zwar vieles darüber was vor der Revolution war und auch was alles glorreiches danach passierte. Über die Revolution selber lerne ich aber nicht sonderlich viel. Dieses Wissen scheint als Grundwissen voraussetzt zu sein. Zwar ist das alles schön, aber nach 2 Stunden Dauerpropaganda dröhnt mir ein bisschen der Schädel.

Mit diesem Panzer schoß Fidel ein amerikanisches Kriegsschiff bei der gescheiterten Invasion in der Bay of Pigs ab.
In diesem Wagen saßen die vermeintlichen Attentäter auf Batista. Mehr Informationen dazu gibt es nicht.

Ich schlendere etwas an der Promenade entlang und treffe mich zum Mittag wieder mit Marcos in dem kleinen Restaurant. Am Nachmittag will ich dann wirklich die Walking Tour nehmen. Marcos begleitet mich bis dorthin um sicherzustellen, dass ich mich nicht wieder an den falschen Ort stelle. Dort trennen sich unsere Wege dann. Wie sich später herausstellt, leider zum letzten Mal in Havanna. Zwar verabreden wir uns für den Abend noch, aber daraus wird dann aber leider doch nichts.

Auf dem Weg erzählt Marcos mir viel von Argentinien und Südamerika und fragt mich warum ich den Kontinent eigentlich so kategorisch bei meinen Reisen ausgeschlossen habe. Spanisch, sagt er, werde ich schon lernen. Aber zumindest in Argentinien sei das in den großen Städten nicht zwangsläufig notwendig. Wenn mir Kuba gefällt, so versichert er mir, wird mir Südamerika auch gefallen. Da sei er sich sicher.

In meinem Kopf beginnt es zu arbeiten…

Old Havana – Free Walking Tour

Eine Kirche von der man ein Foto gemacht haben muss, versichert mir die Tour Guide Dame.
Ein komplett restaurierter Platz im Herzen der Altstadt
Eine kleine Oase inmitten der Stadt

Am nächsten Tag reise ich nach Viñales. Marcos fliegt wieder nach Buenos Aires. Havanna war dann doch ganz ok. So toll, wie ich anfangs dachte, finde ich es aber nicht.

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