
Havanna, so sagte mir jeder, sei eine morbide Schönheit. Sehr schick, aber langsam am Sterben. Und dieses langsame dahinraffen ist sichtbar. Sehr sogar.

Ein Tipp an zukünftige Reisende sei in Havanna zu starten, wie es eigentlich die meisten machen. Danach kann man sich von der Hauptstadt dann durch die einzelnen kleineren Städte in der kubanischen Landschaft arbeiten. Ich hob es mir zum Schluss auf und immer noch unter dem Einfluss der schönen Landschaften und kleinen Städtchen, sagte mir die Stadt nun gar nicht zu.


Es ist laut, es stinkt und alles fällt auseinander. In offensichtlichen Hausruinen wohnen noch immer Menschen und auf der Straße liegt alles mögliche Tote herum (Hühner, Schweineköpfe, Straßenhunde und Katzen). Sicherlich Dinge an die man sich schnell gewöhnen kann, doch war ich nach meiner Ankunft noch immer im Landschaftsmodus. Trotz der Zusagen meiner neuen Bekannten, dass es einfach nur etwas Zeit brauchen würde, wurde ich einfach nicht warm mit der Stadt. Auch wenn es natürlich sehr schöne Ecken gibt.



La Fabrica de Arte Cubano
Direkt nach Ankunft nahm ich Kontakt mit Wyatt und Catrina (Siehe Tope de Collantes) auf, um zu schauen was sie an ihrem letzten Abend machen wollen. So landeten wir in der Fabrica de Arte Cubano, einer Kunsthalle, die gleichzeitig Disko, Live-Musik und Lounge ist.

Es war ein sehr toller Abend, an der wir uns viel Kunst angeschaut haben um direkt danach in einen Techno Saal zu laufen und von dort weiter in eine Rockhalle gestolpert sind, um dann hinter der Raucherecke noch mehr Bilder und Ausstellungen zu entdecken. Wyatt belatschte mich einen ganzen Abend lang eine seiner Zigarren zu rauchen. Ich bleibe standhaft. Zumindest die ersten paar Stunden. Nach allen möglichen Versprechungen, dass Zigarren schon nicht so schlimm seien und diese im besonderen eh kaum Nikotin hätten, rauche ich doch eine mit.

Es ist tatsächlich kaum Nikotin in der Zigarre, und da der Geschmack des Rauches im Mund schon irgendwie widerlich ist, reichen mir ein paar Züge. Auch die Tage danach habe ich keine Gelüste nach mehr.
Am nächsten Tag reisen die beiden wieder nach London ab. Wyatt erzählte mir, dass er im Ministerium für Brexit arbeitete. Diesen Arbeitsplatz gibt es heute, einen Tag danach, nicht mehr. Was nun kommt lässt er mal auf sich zukommen. Irgendwas neues wird es schon geben sagt er und lacht etwas gequält.

Eine Tour im Touribus
Ich hingegen begebe mich zum ersten Mal auf eine Tour im Big Red Bus und tingel recht gelangweilt die Sehenswürdigkeiten von Havanna ab. Einen guten Eindruck hat diese Art des Tourismus nicht bei mir hinterlassen.


Centro Habana
Danach spaziere ich etwas durch das Viertel in dem sich mein Hostel befindet. Hier handelt es sich um ein Stadtviertel, das mit allen Widrigkeiten des kubanischen Lebens zu kämpfen hat. Hier sind auch die meisten der Bilder am Anfang des Posts entstanden. Es ist ein krasser Gegensatz zum schönen Old Havana, in dem die meisten Gebäude vom Staat mitfinanziert werden, da sie der touristische Kern der Stadt sind.






Marcos
Am Abend möchte ich die Free Walking Tour nehmen. Allerdings warte ich am falschen Ort und sitze blöd vor mich hin, während die Sonne mich verbrennt. Als ich gerade gehen möchte, taucht ein Gesicht auf, dass ich auf der Kaffeefahrt bereits gesehen habe. Vorsichtig erkundige ich mich, ob mein Gegenüber auch Englisch spricht. Tut er. Marcos kommt aus Argentinien und interessiert sich für die Lebensgeschichte von Ché Guevara. Deshalb ist er nach Kuba gekommen um sich das Land und auch die Stationen des Ché zu erkunden. Wir kommen ins Gespräch und ich bekomme eine etwa 4 stündige private Tour durch Havanna, angereichert mit allerlei Tipps welche Attraktionen spannend sind und welche ich lieber auslassen sollte. Havanna wird etwas interessanter.




Zum Sonnenuntergang gehen wir auf das Dach des Gran Hotel Manzana Kempinski. Dem teuersten Hotel auf Kuba, dessen Dachterrasse eine unglaubliche Aussicht bietet. Havanna gewinnt an Charme.

Wir gehen noch nett was essen in einem der seltenen vegetarischen/veganen Restaurants Kubas. Bei fritierten Bananen, Mojito und Bier beenden wir den Abend und verabreden uns für den nächsten Tag.

Das Museum der Revolution, war einer der Tipps, die mir Marcos am Vortag gegeben hat. Also schaue ich es mir gleich am Morgen an. Nach 2 Stunden weiß ich zwar vieles darüber was vor der Revolution war und auch was alles glorreiches danach passierte. Über die Revolution selber lerne ich aber nicht sonderlich viel. Dieses Wissen scheint als Grundwissen voraussetzt zu sein. Zwar ist das alles schön, aber nach 2 Stunden Dauerpropaganda dröhnt mir ein bisschen der Schädel.


Ich schlendere etwas an der Promenade entlang und treffe mich zum Mittag wieder mit Marcos in dem kleinen Restaurant. Am Nachmittag will ich dann wirklich die Walking Tour nehmen. Marcos begleitet mich bis dorthin um sicherzustellen, dass ich mich nicht wieder an den falschen Ort stelle. Dort trennen sich unsere Wege dann. Wie sich später herausstellt, leider zum letzten Mal in Havanna. Zwar verabreden wir uns für den Abend noch, aber daraus wird dann aber leider doch nichts.
Auf dem Weg erzählt Marcos mir viel von Argentinien und Südamerika und fragt mich warum ich den Kontinent eigentlich so kategorisch bei meinen Reisen ausgeschlossen habe. Spanisch, sagt er, werde ich schon lernen. Aber zumindest in Argentinien sei das in den großen Städten nicht zwangsläufig notwendig. Wenn mir Kuba gefällt, so versichert er mir, wird mir Südamerika auch gefallen. Da sei er sich sicher.
In meinem Kopf beginnt es zu arbeiten…
Old Havana – Free Walking Tour



Am nächsten Tag reise ich nach Viñales. Marcos fliegt wieder nach Buenos Aires. Havanna war dann doch ganz ok. So toll, wie ich anfangs dachte, finde ich es aber nicht.