Vinales

Im Taxi nach Vinales traf ich auf einen, für Kuba, äußerst außergewöhnlichen Touristen. Einen Inder… Koustabh kommt aus der Nähe von Calcutta, wohnt derzeit für seinen PhD aber wechselhaft in Belgien und den Nierderlanden. Er erzählt mir, dass laut offizieller Angaben des indischen Außenministeriums im Jahre 2019 gerade einmal zwei Inder auf Kuba zu Besuch waren. Würde er nun also bei seinem Besuch auf ein indisches Pärchen treffen, so würden sie bereits so früh im Jahre 2020 einen neuen Rekord aufstellen. In Vinales, so viel sei an dieser Stelle verraten, gelingt ihm dieser Rekordversuch allerdings nicht.

Nach einer kurzweiligen Taxifahrt verabreden wir uns am Folgetag eine der berühmten Pferdetouren zu den Tabakplantagen zu unternehmen.

Der Onkel meiner Casa Particular ist Tabakfarmer und hat ganz zufällig ein breites Angebot an Tagestouren parat. Wir entscheiden uns für die lange Tour. Am Vormittag reiten, dann Mittagessen bei den Eltern und danach mit dem Ochsenkarren zu einem Berg, über den ein 2 stündiger Treck führen soll. Anschließend mit Ochsenkarren und Taxi wieder nach Hause.

Reit-Ochsenkarren-Wander Tag

Am nächsten Morgen finden wir uns rechtzeitig zum Frühstück zusammen, als der Onkel uns fragt, ob es für uns in Ordnung wäre noch zwei weitere Gäste der Casa mitzunehmen. Sie kämen ebenfalls aus Deutschland. Daher sei es doch sicher kein Problem – Ist ja die selbe Kultur, wir würden uns schon verstehen – sagte der Onkel, als er mich ansah. Als sein Blick auf Koustabh viel, würde ihm wohl bewusst, dass dieses Argument ein wenig fehlplatziert war, fing seinen vor Schrecken entglitenen Blick aber schnell wieder ein. Da es für uns ohne Belang war woher die Leute genau kamen, sagten wir beide gerne zu. Der Onkel freute sich und überbrachte die gute Nachricht.

Frühstück auf Kuba (Für Touristen)

Ach, entschuldigte er sich, als er wieder zurückkamen. Die beiden kämen doch gar nicht aus Deutschland, sondern aus Belgien. Aber das sei ja sicherlich dann auch kein Problem. War es nicht. Eigentlich war wohl allen egal woher wir so kamen. Nur der Onkel dachte er könne uns damit besser Überzeugen.

Der aufmerksame Leser wird sich schon gedacht haben; Bei unseren Tourpartnern handelt es sich um Inez und Wouter.

So reiten wir los in das kubanische Naturschutzgebiet, vorbei an Felsen, Bergen, Tabakfeldern und Bananenbäumen. Weil es am Morgen geregnet hat ist der Untergrund schlammig und Koustabh’s Pferd Morro rutscht sogar einmal aus und fällt mit ihm hin. Keine gute Zeit um Bilder zu machen.

Ein Tabakfeld vor beeindruckender Kulisse
In diesen Hütten wird der Tabak getrocknet
Koustabh auf Morro

Die Pferde folgen einem starken Willen die Gruppe anzuführen. Morro und mein Pferd Calene (oder so) zicken sich bei jedem Überholvorgang an. Letztendlich lässt sich Calene aber nichts vormachen. Er muss führen und wenn das bedeutet bergauf an allen im schnellen Schritt vorbei zu hetzen, nur um danach erschöpft stehen zu bleiben, dann sei dem so. Hauptsache erster!

Es gibt aber eine zweite, ebenfalls wichtige Reihenfolge. Egal wer genau erster ist. Eines ist klar, das Pferd von Inez (Name total vergessen) darf nie, Nie, NIE vorne sein. Calene setzt alles daran und schreckt auch nicht vor schmutzigen Tricks zurück. Da wird abgedrängt, kurz galoppiert und zur Not gebissen. Was nicht sein darf, darf nicht sein.

Sebastián auf einem gelangweilten Calene. Im Hintergrund Wouter.
Ein kurzer Moment des Friedens. Danach galoppiert Calene los. Wir müssen erster sein.
Ein einsames Tabakfeld im Tal
Wir bekommen Bohnen gepflückt, mit denen ein typisch kubanisches Essen zubereitet wird

Die Bauern hier dürfen nahezu ausschließlich Tabak anbauen, erzählt unser Guide. Das liegt daran, daß Pinar del Rio besonders gut für den Anbau geeignet und der Export der Zigarren besonders ertragreich ist. Für den Staat jedenfalls. Die Tabakfarmer müssen 90% des Anbaus an den Staat verkaufen, der diesen dann in den Fabriken zu Zigarren, Zigarrillos und Zigaretten weiterverarbeitet und teuer exportiert.

Von den übrigen 10% dürfen die Farmer ihre eigenen, handgemachten, Zigarren herstellen und verkaufen. Zum Beispiel an Touristen. Die Zigarren aus Pinar del Rio genießen aber auch unter den Kubanern hohes Ansehen, wie mir überall erzählt wird. Später, in Trinidad, werde ich zwei davon mit Eddy und seiner Familie teilen und bekomme anerkennende Blicke dafür. Wohl auch, weil ich den total überzogenen Touristenpreis dafür gezahlt habe, und sie trotzdem gerne teile.

Die Zigarren der Farmer, so wird überall Land auf und ab erzählt, enthielten kaum Nikotin. Das weiß jeder zu berichten, der in Vinales eine Pferdetour zu einer Tabak Plantage gemacht hat. Also jeder. Der Farmer erzählt es uns auch. Das läge an den Venen, die das meiste Nikotin enthielten. In den Fabriken lassen sie sie drin, aber die Farmer ziehen sie raus, so dass nur das Blattwerk übrig ist.

Die Tabakblätter
Kunstvoll zusammengerollt
So wird die Zigarre zwei Tage gelagert, damit sie ihre Form behält.
Zum Schluss wird ein besonders schönes Blatt um die Zigarre gewickelt. Damit wird die Form dauerhaft gewahrt und ein Ende wird versiegelt um den Luftstrom abzubrechen und das austrocknen zu verlangsamen.

Nach dieser Demonstration geht es weiter auf dem Pferd. Die Motivation sinkt und es beginnt langsam zu schmerzen. Calene muss trotzdem weiter erster sein und es ist ihm herzlich egal, ob mir sein Gallop weh tut oder nicht. Die natürliche Ordnung muss bewahrt werden.

Kurzer Stopp auf der total besonderen Route, nur für uns.

Nun geht es mit dem Ochsenkarren zu unserem Trekking abenteuer. Bald ist Sonnenuntergang

Mit dem Ochsenkarren geht es weiter
Unser Guide pflückt uns eine Ananas von diesem Feld. Es ist die beste Ananas, die ich je gegessen habe.
Oben angekommen. Ich nenne es Berg, für Inez war es eine lockere Runde zum Aufwärmen.
Der Cowboy, mittlerweile ohne Pferd, und trotzdem gen Sonnenuntergang
Der Royal Palm Tree ist der Nationalbaum Kubas.

Nach unserem Trip gehen wir zunächst getrennte Wege. Da Koustabh am nächsten Tag abreist, verabreden wir uns für den Abend auf einen Abschiedsdrink. Zufällig treffen wir dabei wieder auf Inez und Wouter. Gemeinsam lassen wir bei einem, oder zwei. Vielleicht auch noch mehr vorzüglichen Pina Colada den Tag Revue passieren.

Vinales war schön, aber noch knapp eine Woche halte ich es hier nicht aus. Mich quält die Frage wie und wo ich meinen Geburtstag feiern möchte. Havanna, so denke ich mir, soll es nicht sein. Es war einfach nicht meine Stadt. Aber wo sonst? Zurück nach Trinidad? Wollte ich da wirklich nur wegen der Atmosphäre hin und ist das eine gute Idee?

Die beiden erzählen mir, dass sie ein Auto gemietet haben und am übernächsten Tag in einer 6 stündigen Fahrt nach Cienfuegos aufbrechen möchten. Etwa 100 km von Trinidad entfernt…

Am Freitag morgen, bei strömenden Regen, brechen wir auf.

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