
Am nächsten Morgen soll es losgehen zu einem Ort, der mir unisono von jedem einzelnen Kolumbianer empfohlen wurde, den ich kennengelernt habe: Wir fahren ins Valle del Cocora. Leíder lebt sein Latino dasein voll aus und aus 8:00 Uhr wird 9:30 Uhr. Ich hingegen liege vom ungewohnten festhalten am Motorrad mit Muskelkater im Bett und habe nichts gegen einen späteren Start.
Nach einem gemütlichen Frühstück stellten wir dann fest, dass der spätere Start doch etwas schlecht war, da die Schlange für die Jeeps, mit denen die Touristen eigentlich dorthin gefahren werden, nun ewig lang war. Da wir nicht warten wollten holten wir das Motorrad ab und es ging auf in die Berge.
Der Gashebel war noch nicht richtig betätigt, da meldete mein Körper schon Unwillen an, sich dieser Art des Transportes noch einmal hinzugeben. Auch Leíder hatte nicht mehr so wirklich Lust. Er unterstellte mir gar, dass ich etwas mehr wiegen würde als die hübschen Mädels, die er sonst so als Passagier abschleppen würde. Er sagt das freundlich, aber ich stelle mich beleidigt. Finde ich jetzt irgendwie unrealistisch…
Eine Sache die ich schon gelernt habe, ist dass Latino-Zeit und deutsche Zeit nicht so recht zusammenpassen wollen. Dazu muss nicht immer in so großen Dimensionen wie, sagen wir, einem argentinischen Krankenhaus gedacht werden, das aus einem Tag mal eben sechs werden lässt. Das funktioniert auch ganz im kleinen und Leíders 15 Minuten sind eher so äquivalent zu 30-45 Minuten. 30 Minuten hingegen sind eher so eine Stunde. Und das ist kein Einzelfall, Zeit im allgemeinen funktioniert hier anders als in Deutschland und Zeitangaben sind wesentlich fluider als wir das so kennen. So brechen wir auf dem Motorrad zu einer 15 minütigen Reise ins Valle del Cocora, wo uns ein hervorragender Tag mit Sonnenschein.





Wir nehmen einen der privaten Wanderwege, die mein persönlicher Guide schon kennt und extra für mich ausgesucht hat. Dabei hat er meine physische Kondition allerdings überschätzt und macht sich durchaus zurecht über mein ächzen und Stöhnen lustig. Dafür halten wir an verschiedenen Aussichtspunkten ein bisschen länger, damit ich mich wieder anständig erholen kann. Meine Ausrede schon seit November keinen Sport mehr gemacht haben zu dürfen verfliegt im seichten Wind des Tals.










Nachdem wir die Aussicht auf zwei Aussichtspunkten genossen haben und einem extrem invasiven amerikanischen Pärchen aus New York ausgewichen sind, das sich lautstark über Gluten- und Milchalternativen und das super hammer geile Leben in super New York unterhalten hat, machen wir uns wieder an den Abstieg. Dieses Pärchen ist keine Ausnahme. Kolumbien ist voll von U.S. Amerikanischen Touristen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben nicht nur ihre Gesprächspartner, sondern möglichst ihre gesamte Umgebung darüber zu informieren, dass sie einerseits aus den USA kommen und wie toll andererseits die USA eigentlich sind. Sehr toll nämlich. Und so wird an vielen Ecken lautstark auf „Englisch“ über diese oder jene tolle Sache aus den USA gesprochen. Und es sind gar unendlich viele tolle Sachen! Mehr dazu später.


Zunächst einmal lassen wir die beiden in die andere Richtung verschwinden und begeben uns auf den Weg nach unten.
Nach ein paar Erfrischunggetränken am Fuße der Berge gestehe ich, dass ich den eigentlich noch geplanten Ausflug auf dem Motorrad gerne auslassen würde. Der Muskelkater ist mittlerweile voll ausgeprägt und auch wenn die Idee eines Motorrad-Führerscheins am Reifen ist, als Passagier brauche ich erstmal eine Pause. So entscheiden wir uns stattdessen einen Ruhetag einzulegen und uns am Abend auf ein Abschiedsessen/Bier zu treffen.
Am nächsten Tag fliege ich nach Medellín und werde die Stadt kennenlernen, die mich seit Beginn meiner Spanischlernreise begleitet. Vor zwei Jahren, als sich auf Kuba so langsam der Gedanke reifte vielleicht doch spanisch zu lernen, berichteten mir viele Reisende von ihren tollen Erfahrungen und Eindrücken dieser Stadt, die ich eigentlich nur aus einer bestimmten Serie und eher mit negativen Dingen verbunden habe. Es war dann tatsächlich Zufall, dass auch mein erster Sprachlehrer dort wohnte. So gab es gleich zwei gute Gründe sich auf den Weg zu machen.
Leíder

Das Kapitel Salento möchte ich abschließen mit ein paar Zeilen zu Leíder, von dem ich weiß, dass er diesen Blog liest, und der dies alles möglich gemacht hat und so spontan Zeit gefunden hat. Es war ein richtig tolles Wochenende mit vielen neuen tollen Eindrücken und ich freue mich, ihn besucht zu haben. Er hat mehr oder weniger konkrete Pläne sich in naher Zukunft nach Spanien aufzumachen und ich hoffe ihn bald in Europa begrüßen zu dürfen und ihn an alle meine Sport- und Wanderbegeisterten Freunde weiterzuleiten (auszuleihen).
Wer sich überlegt Spanisch zu lernen, dem kann ich nur empfehlen sich mal eine Stunde mit ihm zusammenzusetzen. Nicht nur, dass er ein patenter Lehrer ist, mit dem man einfach sprechen kann, sondern es wäre auch eine tolle Möglichkeit seine Reisepläne zu unterstützen. Zu finden ist er auf italki.